Die Sache mit meiner Mutter

Meine Mutter ist im Januar 2008 nach S. gezogen. Dort hat sie kein Festnetz - nur ein Handy. Und sie hat auch keine Adresse hinterlassen - weder bei mir, noch bei meinem Vater. Damit er ihr aber ihre Post hinterherschicken kann, hat sie eine Postfachadresse.

Zwei Wochen, bevor meine Mutter nach S. zog, hat sie mich besucht. Es ging mir gar nicht gut dabei - das innere Kind war sehr zornig und traurig darüber, dass die Mutter sich so einfach aus dem Staub machte.
Sie hat ein heruntergewirtschaftetes Haus hinterlassen, mit total versiffter Küche und vollgehamsterten Kühl- und Gefrierschränken. Konserven, die bereits über ein Jahr abgelaufen waren. Unvorstellbar. Und ein seltsames Gefühl, wenn man als Tochter einsehen muss, dass die Mutter offensichtlich ein psychisches Problem hat.

Zweimal im Jahr ruft sie an - einmal davon war zu meinem Geburtstag, an dem sie mich fragte, wie alt ich denn nun geworden sei.
Das zweite Mal war Weihnachten. Jedes Mal, wenn sie anruft, bekomme ich augenblicklich Schweißhände, mein Darm rumort, ich könnte mich übergeben. Aufregung - und dieser Zwiespalt, einerseits etwas von ihr zu wollen (Liebe, Zuwendung, Antworten), andererseits die Nase voll davon zu haben, in ihre Muster hineingezogen zu werden. Und schon sind wir wieder in dem alten Rollenverhalten - meine Mutter die "Allmächtige", ich das kleine, nutzlose "Ding".
Wie auch immer, dieses Mal schaffte ich es tatsächlich, ihr zu sagen, dass ich sie gerne öfter sehen würde als nur einmal im Jahr (wenn es hochkommt). Immerhin weiß ich, dass sie regelmäßig ihren Vater und ihren Bruder sowie einige ihrer Freunde hier besucht, und ich bat sie darum, mich doch einfach in ihre Besichtigungstour mit aufzunehmen. O-Ton: "Tja, dafür sind 350 Kilometer einfach zu weit. So kommen wir nicht voreinander. Du kannst ja anrufen, wenn Du was willst."

Gut, damit ist die Rangordnung ja klar. Sie will (und / oder kann) einfach nicht aus ihrer Haut.
Ist einerseits schmerzlich, das zu hören, andererseits bestärkt es mich nur in meinem Willen, jetzt endlich den Kontakt zu versagen, abzubrechen.

Wenn sie eines Tages vor meiner Tür stünde und bereit wäre, tatsächlich über das Vergangene zu sprechen und neu anzufangen, wäre ich die letzte, die ihr das versagte.
Doch bis dahin möchte ich sie nicht mehr sprechen.
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