Ausgegraben - über Eltern und ihre Kinder

Montag, 6. April 2009

Die Sache mit meiner Mutter

Meine Mutter ist im Januar 2008 nach S. gezogen. Dort hat sie kein Festnetz - nur ein Handy. Und sie hat auch keine Adresse hinterlassen - weder bei mir, noch bei meinem Vater. Damit er ihr aber ihre Post hinterherschicken kann, hat sie eine Postfachadresse.

Zwei Wochen, bevor meine Mutter nach S. zog, hat sie mich besucht. Es ging mir gar nicht gut dabei - das innere Kind war sehr zornig und traurig darüber, dass die Mutter sich so einfach aus dem Staub machte.
Sie hat ein heruntergewirtschaftetes Haus hinterlassen, mit total versiffter Küche und vollgehamsterten Kühl- und Gefrierschränken. Konserven, die bereits über ein Jahr abgelaufen waren. Unvorstellbar. Und ein seltsames Gefühl, wenn man als Tochter einsehen muss, dass die Mutter offensichtlich ein psychisches Problem hat.

Zweimal im Jahr ruft sie an - einmal davon war zu meinem Geburtstag, an dem sie mich fragte, wie alt ich denn nun geworden sei.
Das zweite Mal war Weihnachten. Jedes Mal, wenn sie anruft, bekomme ich augenblicklich Schweißhände, mein Darm rumort, ich könnte mich übergeben. Aufregung - und dieser Zwiespalt, einerseits etwas von ihr zu wollen (Liebe, Zuwendung, Antworten), andererseits die Nase voll davon zu haben, in ihre Muster hineingezogen zu werden. Und schon sind wir wieder in dem alten Rollenverhalten - meine Mutter die "Allmächtige", ich das kleine, nutzlose "Ding".
Wie auch immer, dieses Mal schaffte ich es tatsächlich, ihr zu sagen, dass ich sie gerne öfter sehen würde als nur einmal im Jahr (wenn es hochkommt). Immerhin weiß ich, dass sie regelmäßig ihren Vater und ihren Bruder sowie einige ihrer Freunde hier besucht, und ich bat sie darum, mich doch einfach in ihre Besichtigungstour mit aufzunehmen. O-Ton: "Tja, dafür sind 350 Kilometer einfach zu weit. So kommen wir nicht voreinander. Du kannst ja anrufen, wenn Du was willst."

Gut, damit ist die Rangordnung ja klar. Sie will (und / oder kann) einfach nicht aus ihrer Haut.
Ist einerseits schmerzlich, das zu hören, andererseits bestärkt es mich nur in meinem Willen, jetzt endlich den Kontakt zu versagen, abzubrechen.

Wenn sie eines Tages vor meiner Tür stünde und bereit wäre, tatsächlich über das Vergangene zu sprechen und neu anzufangen, wäre ich die letzte, die ihr das versagte.
Doch bis dahin möchte ich sie nicht mehr sprechen.

Donnerstag, 14. August 2008

Papabeziehungen

Gestern hatte ich ein Papa-Telefonat. Papa-Telefonate sind - zumindest bei mir seit einigen Jahren - immer aufbauend. Ich kann ihm (fast) alles erzählen, er hört mir zu, macht mir Mut, sagt mir, dass er mich lieb hat (!) und bringt mich zum Lachen. Doch ganz so einfach ist die Beziehung zu meinem Papa dann doch nicht - schwingen doch so viele Facetten in unserer Kommunikation mit. Das eine muss ich ihm lassen: Er macht mir keine Vorwürfe (wie auch ich ihm nicht), sondern zeigt sich eher betroffen, bekommt erst so ein komisches Lachen, schluckt dann aber, wenn er merkt, dass mich gewisse Sachen doch mehr mitgenommen haben, als er sich bislang bewusst war.
Vor einem guten halben Jahr ereignete es sich, dass meine Mutter in eine andere Stadt zog, und mein Vater sich das etwa fünfzehn Jahre zuvor gemeinsam erbaute Haus zurückeroberte. Er war kaum zwei Wochen wieder drin, da klingelte die Kripo bei ihm an der Tür: "Guten Tag, wir haben hier einen Durchsuchungsbefehl... es geht um Kinderpornografie..." Mein Vater war natürlich, wie auch ich, total platt. Bitte was?! Nun, sie nahmen alles, einschließlich des Dienstlaptops meines Vaters, mit, und mein Vater hatte seinem Chef erstmal einiges zu erklären. Es war klar, dass mein Vater es nicht gewesen sein konnte; es drehte sich um einen Zeitraum, der bereits ein Jahr her war (...brauchen die wirklich SO lange, bis die da aktiv werden? Hammer....), und mein Vater war nachweislich nicht im Haus. Doch das muss man erstmal den Leuten weismachen.
Des Rätsels Lösung: Als meine Mutter meinen Vater aus dem Haus geschmissen hatte, musste mein Vater seinen Rechner im Haus lassen.... nicht zuletzt deshalb, damit meine Mutter weiter "sämtliche Überweisungen für das Haus und so weiter" tätigen konnte. Das heißt, sie hatte natürlich auch sämtliche Kennungen und Passwörter meines Vaters. Statt die allerdings für sich zu behalten, hat sie sie ihren dubiosen "Freunden", die sie sich zum Hausen mit eingeladen hatte, weitergegeben. Und die haben dann ebendiese Kennung für Kinderpornografie missbraucht.
Ist das nicht widerlich??! Noch viel widerlicher ist mir der Gedanke, dass der tolle "Freund" meiner Mutter selbst zwei Jungs im Alter von etwa 12 Jahren hat... Ich mag da gar nicht weiterdenken.
Wie auch immer, ich redete auf meinen Vater ein, dass er umgehend seine Kennungen sperren lassen müsse... spätestens jetzt! Sein Kommentar: "Meinst Du wirklich? Aber Deine Mutter..." - "Scheiß auf meine Mutter, es ist Dein Hintern, der bereits mit einem Bein im Gefängnis steht!!!" - "Ja, da hast Du wohl Recht. Dann werde ich mir eine neue Kennung geben lassen, und wem ich die dann weitergebe, muss ich mir noch überlegen..." - "Wie denn, wem Du die dann weitergibst?? Du gibst sie NIEMANDEM, Du kannst den Leuten immer nur VOR den Kopf gucken..."
Gleichzeitig fühle ich mich also ein bisschen, als müsste ich auf meinen Papa aufpassen. Er hat eine, wie ich finde, gute Frau an seiner Seite, und die beiden meistern das Leben ziemlich gut zusammen. Es ist klar, dass man viele Sachen erst wieder lernen muss, wenn man sich jahrelang mit Alkohol vor dem Rechner verschanzt hat und vom "echten Leben" nix mitbekommen hat. Aber ZU naiv sollte man dann auch nicht sein..... erst recht nicht, wenn es Kreaturen in der eigenen Umgebung gibt, die echt ausgeschlafen zu sein scheinen.

Seine Sachen hat er bereits allesamt wieder. So ist die Sache für ihn zumindest ausgestanden.
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